Drei Atomsprengköpfe

Auch Dornum war, man glaubt es kaum, am Kalten Krieg beteiligt. Na ja, zumindest passiv.

In diesem fast schon vergessenen Zeitalter zog sich von Nord nach Süd quer durch die Bundesrepublik ein NATO-Luftverteidigungsgürtel. Die heranfliegenden Bomberpulks (eigentlich ein Vorstellungsrelikt aus dem Zweiten Weltkrieg) des Warschauer Paktes hätten im Falle eines Falles in derart großer Höhe mit raketenbasierten Atomsprengköpfen abgeschossen werden sollen, dass ein radioaktiver Fallout hienieden in Abrede gestellt wurde. In insgesamt 38 Stellungen waren Flugabwehrraketen vom Typ Nike-Hercules stationiert, die auf 30 km Höhe steigen und 120 km weit fliegen konnten. Betrieben wurden diese Stellungen von der Bundeswehr, aber die atomaren Sprengköpfe unterlagen der Aufsicht der US Army (Zwei-Schlüssel-Prinzip), die dafür jeweils eigenes Wachpersonal (Custodial Teams) abstellte.

Und eine dieser Stellungen befand sich auf Dornumer Gemeindegebiet – genau dort, wo jetzt, nördlich der Cankebeerstraße, die weiße Gasanlandungsanlage wie eine gestrandete Raumstation auf den Feldern liegt. Die Dornumer Stellung war die 4. Batterie des Flugabwehrraketenbataillons 26, deren Angehörige in der Auricher Blücher-Kaserne einquartiert waren. In unserer unmittelbaren Nachbarschaft also lagerten bis 1989, bereits einsatzfertig auf den Raketen montiert, drei Atomsprengköpfe, für deren Verwahrung das Delta-Team der US Army Artillery Detachment zuständig war.

Allerdings war es allein mit einem gesicherten Abschussbereich (LA – Launching Area) nicht getan. Dazu gehörte, tunlichst in einigem Abstand, ein Feuerleitbereich (IFC – Integrated Fire Control), von dem aus die Flugkörper hätten ins Ziel gelenkt werden sollen. Die Dornumer IFC befand sich unmittelbar hinter dem Neßmersieler Osterdeich, zwischen Schafweg und Mönchtrift. Da führt heute direkt kein Weg hin, das ist agrarische Nutzfläche, und nichts lässt die militärische Vergangenheit dieses Areals erahnen, das immerhin einmal mit einer MK 20 (20-mm-Maschinenkanone) bewehrt war.